Ein Projekt für die Wertschätzung von Lebensmitteln

von Tomke Albrecht

Der Artikel erschien zuerst in IRREGULäR - Der Online-Schüler*innenzeitung der KGS Rastede: Gemeinschaftsgarten Nethen

Laut einer Studie der WWF („Das große Wegschmeißen“ aus dem Jahr 2017) werden allein in Deutschland pro Jahr, etwa 18 Millionen Tonnen Lebensmittel in den Müll geworfen. Das entspricht einem Drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs in Deutschland. Fast zehn Millionen Tonnen wären laut WWF vermeidbar. Für diese zehn Millionen Tonnen werden jährlich umgerechnet etwa 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet. Das entspricht ungefähr der Fläche von Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland. Diese unnötig bewirtschaftete Fläche könnte man einsparen, was auch die damit verbundenen Treibhausemissionen von etwa 48 Millionen Tonnen einschließt. Im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung sind die Treibhausemissionen schließlich ein ausschlaggebender Faktor.

Hier sollte sich auf jeden Fall etwas ändern!

Dieses Ziel hat sich das Team des Gemeinschaftsgartenprojekts in Nethen gesetzt. In einem Gemeinschaftsgarten können mehrere Personen zusammen einen Garten anlegen. Das Team, welches aktuell aus 13 aktiven Mitgliedern besteht, hat dieses Projekt bereits 2019 ins Leben gerufen, um dem konventionellen Anbau entgegenzuwirken, der zur Folge hat, das Lebensmittel nicht wertgeschätzt werden.

Geli Wald, eine der Mitglieder die von Anfang an dabei ist, sagte dazu: „Es ist ein bisschen back to the roots“. Früher lebte man aus seinem eigenen Garten, von selbst an-gebautem Gemüse. Das Wissen gehe durch die konventionelle Landwirtschaft verloren, weil man sich zu jeder Jahreszeit Obst und Gemüse ganz bequem im Supermarkt kaufen kann, auch wenn es nicht in Deutschland angebaut wurde.

Durch den eigenen Anbau von Gemüse möchte die Gruppe zeigen, wie viel Mühe, Aufwand und Zeit eigentlich dahintersteckt. Es ist ihnen wichtig, dass man Obst und Gemüse nicht als selbstverständlich versteht und lernt, Lebensmittel wert zu schätzen. Außerdem wollen sie auf chemische Dünger verzichten und setzen ausschließlich auf Biodünger. Ein weiterer Aspekt den die Gruppe verfolgt, ist die Aufklärung über den nachhaltigeren Anbau von Gemüse und Kräutern.

Mit fünf der Mitglieder konnte ich über das Projekt sprechen. Dazu gehören Geli Wald, Alke Höpken, Dirk Bakenhus, Svenja Albrecht und Nadine Daries. Sie haben viel über den Anbau, Probleme, Ideen und auch die aktuelle Landwirtschaft gesprochen.

Geli Wald an einem der Hochbeete; Fotografiert von Svenja Albrecht im April 2021

Geli Wald an einem der Hochbeete; Fotografiert von Svenja Albrecht im April 2021

Die ersten Schritte zu einem schönen Garten

Die Idee gemeinsam zu gärtnern, kam von Alke Höpken. Ihre Familie hat selber einen landwirtschaftlichen Hof, wo Futtermais angebaut wird. Nach ihrem BWL-Studium (Betriebswirtschaftslehre) war es ihr wichtig die Welt zu ändern/retten. Sie setzte sich das Ziel dort anzufangen, wo Politik gemacht wird, damit man auch Veränderungen bewirken kann. Deshalb setzte Sie gemeinsam mit anderen die Idee des Gartens auf Ebene der Lokalpolitik um.

„Das erfüllt einen einfach“, sagte sie dazu im Interview.

Alke Höpken

Alke Höpken während des Baus einer Benjeshecke; Fotografiert von Geli Wald im April 2021

Nachdem die Idee bei der WIM angesprochen wurde (WIM bedeutet „weniger ist machbar“ https://www.weniger-ist-machbar.de/) bildete sich die erste Gruppe aus ganz verschiedenen Persönlichkeiten. WIM ist eine Gruppe, die bereits seit 2018 Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Begonnen haben sie mit der Aktion „Plastikfrei im Ammerland“. Es gibt von WIM auch weitere Projekte wie zum Beispiel das Gemeinschaftsfeld. Das Projekt traf dort sofort auf Unterstützung. Über einen Aufruf in der Zeitung kamen auch weitere Mitglieder dazu, die etwas über den Anbau von Lebensmitteln lernen wollten.

Dirk Bakenhus von der UWG ist ebenfalls Mitglied des Projekts. Er erinnerte sich daran, dass seine Großmutter früher einen sehr großen Garten hatte und immer sehr viel selbst angebaut hat. Da er selbst nicht die Kapazitäten für einen eigenen Garten hat, wollte er gern bei diesem Projekt mitzuwirken. Außerdem möchte er mit einem guten Beispiel vorangehen und selbst tätig werden.

Überblick

Dirk Bakenhus beim Bau des Wasserspeichers; privates Bild Der Garten im Sommer; privates Bild von Juni 2021


Andere Teammitglieder, wie zum Beispiel Svenja Albrecht sind dazu gestoßen um Erfahrungen zu sammeln und mit Anderen gemeinsam Neues auszuprobieren und zu lernen.

Die Gemeinde Rastede hat für dieses Projekt eine Fläche bereitgestellt, die für den Garten genutzt werden kann. Die Fläche hinter dem Dorfgemeinschaftshaus Nethen hat die Gruppe innerhalb eines Jahres in einen wunderschönen Gemüsegarten verwandelt. Die Lage dort ist ideal, da man sowohl mit dem Fahrrad, dem Bus oder dem Auto hinkommt und gleichzeitig viel Natur um sich hat. Des Weiteren hat Felix Müller, ein Landwirt aus Hahn-Lehmden der Gruppe für das Projekt einen Teil von einem seiner Felder zur Verfügung gestellt.

Wie ging es weiter?

Zu Beginn wurden erst einmal Beete im Garten angelegt. Dafür musste die Gruppe viel planen und graben. Svenja Albrecht hat den Plan für die Beete dann in einer Zeichnung festgehalten. Danach konnten die Beete unter den Teilnehmer*innen aufgeteilt werden. Die Teilnehmer übernehmen nämlich eine Patenschaft für ein oder zwei Beete, um das sie sich dann primär kümmern. Im Endeffekt lebt das Projekt aber stark von der Zusammenarbeit.

Plan des Gemeinschaftsgartens mit Ideen für das kommende Jahr; erstellt von Svenja Albrecht im Dezember 2021

Gerade zu Beginn des Projekts und beim Graben der Beete haben Jugendliche der „Fridays for Future“ Bewegung geholfen alles aufzubauen. Dirk Bakenhus hat sich um die Speicherung vom Wasser gekümmert. Dazu wurden Speicher für etwa 4500 Liter Regenwasser gespendet. Für die Hochbeete bekam das Team von privaten Spenden mehrere Paletten und eine neue Schubkarre. Andere Werkzeuge besorgte die Gruppe selbst.

Bau der Benjeshecke mit Alke Höpken im Frühjahr 2021; privates Bild Jantje Albrecht hilft beim erstellen der Beete im Frühjahr 2021; privates Bild

 

Das Motto zum weiteren Vorgehen war laut Alke: „Einfach mal machen“. Das zieht sich wohl auch bis heute durch, denn es werden immer wieder neue Sachen ausprobiert und experimentiert, um das Projekt voran zu bringen. Dank diesem Motto, der großen Motivation im Team und der Unterstützung von außerhalb konnte ein so schöner und nachhaltiger Garten in der Natur entstehen.

Der Garten im Anfangsstadium: Stand Frühjahr 2021; privates Bild

Garten im Sommer 2021; privates Bild

Der Garten im Anfangsstadium: Stand Frühjahr 2021; privates Bild Garten im Sommer 2021; privates Bild

 

Vor dem Anbau mussten die Mitglieder jedoch erst einmal zu Hause die Pflanzen vorziehen, damit sie beim Einpflanzen kräftig genug sind.
Nadine Daries, sagte im Interview: „Man sitzt zwei Monate daran und hegt sie wie ein Baby zu Hause und passt auf, dass es nicht zu heiß oder zu kalt ist. Da dieses Jahr das Wetter lange schlecht war, kamen die Pflanzen auch erst spät in die Erde“. Gepflanzt wurden verschiedenste Gemüsesorten wie zum Beispiel Karotten, Radieschen, Kartoffeln oder Tomaten. Außerdem gab es noch Auberginen, Knoblauch, Kürbisse, Grünkohl, Kräuter und Erdbeeren.

Etwas vom Saatgut was im Garten 2021 angezogen wurde; privates Bild Svenja Albrecht beim Pflanzen von Grünkohl; privates Bild vom Juli 2021

 

Leider funktioniert bei so einem Projekt auch nicht immer alles. Rehe und Schnecken haben alle Erdbeeren aufgegessen und andere Pflanzen haben auch gar nicht richtig angesetzt.

Was macht man so alles in einem Gemeinschaftsgarten?

Vor Ort gibt es immer viel zu tun. Viele Mitglieder erzählen, dass man sporadisch (also etwa ein, -zweimal die Woche) vorbeischaut. Dann werden die Pflanzen gegossen oder „Unkraut“ gezupft.

Man arbeitet nicht, bis einem der Schweiß aus den Poren kommt, sondern quatscht viel mit Anderen, die gerade vor Ort sind. Das ist, wie Svenja es beschreibt, auch ein Grund warum man bei dem Projekt mitmacht.

Geli Wald, Nadine Daries und Alke Höpken legen eine Permakultur an, im Frühjahr 2021; privates Bild

Im Sommer konnte sich das Team dank gelockerter Corona-Regeln zu einem Picknick im Garten treffen. Für solche Treffen bringt jeder etwas Selbstgemachtes zum Essen mit. Auch der Nachbar kommt sehr gerne mal vorbei und gibt der Gruppe Tipps von früher, schließlich lernt man nie aus. Für das Erntedankessen im Herbst wurden die eigenen Kürbisse verarbeitet und es gab weitere leckere Snacks.

Kartoffeln und Kürbisse die über waren, wurden an die Schule am Voßbarg gespendet.

Erntedankfest im September 2021; von Nadine Daries

Kürbisernte im September 2021; privates Bild Radieschenernte im Juni 2021; privates Bild

 

Saisonende

Für dieses Jahr ist die Saison vorbei und der Garten ist winterfest gemacht. Nun planen die Mitglieder für die nächste Saison. Neue Ideen sollen realisiert werden, wie zum Beispiel ein Gewächshaus, ein Kompost, neue Hochbeete oder eine Permakultur. Auch weitere experimentelle Ideen wollen sie ausprobieren.

Wenn du das Team unterstützen möchtest und selber etwas Neues dazu lernen willst, dann schließe dich doch dem Team an. Zusammen mit deinen Freunden kannst du an der frischen Luft viele spannende Sachen erleben. Vielleicht bekommst du nächstes Jahr sogar ein paar Erdbeeren ab. Die Gruppe würde sich sehr freuen, wenn du deine Ideen mit einbringen möchtest. Es ist eine sehr schöne Gelegenheit etwas Gutes für die Umwelt zu tun und gleichzeitig zu erkennen, dass Gemüse nichts Selbstverständliches ist.

Das Werkzeug, was zum Einsatz gekommen ist; Fotografiert von Svenja Albrecht im Frühjahr 2021


Bei Interesse melde dich per per E-Mail unter gemeinschaftsfeld@weniger-ist-machbar.de melden. Außerdem kannst du das Projekt auch auf Instagram verfolgen. Dort heißen sie „e.m.m.einfach.mal.machen“. Das Team kommuniziert über eine Gruppe auf Signal. Dort wirst du immer auf dem aktuellen Stand gehalten was Fortschritte und Gruppentreffen angeht.

Tomke Albrecht

Ich bin Tomke Albrecht und 19 Jahre alt. Diesen Artikel habe ich im Rahmen des Seminarfachs „Journalismus im 21. Jahrhundert“ verfasst. Um den Artikel zu schreiben habe ich mehrere Interviews geführt um an Informationen zu kommen. Ich habe mich für dieses Projekt sehr interessiert, weil mir klar geworden ist, dass viele Lebensmittel aus anderen Ländern kommen und nicht aus Bio-Anbau stammen. Als ich in unserem Garten selber angefangen habe Gemüse anzubauen, habe ich gemerkt, wie viel Aufwand dahintersteckt und wie schwer es eigentlich ist. Außerdem wusste ich nichts über die Pflanzen und wie man sie zum Beispiel schneiden oder gießen soll. Weil meine Mutter Mitglied des Projekts ist, bin ich manchmal mit ihr dort gewesen bin. Ich war total fasziniert, wie schnell sich dort alles verändert und wie gut alles funktioniert. Mir ist es wichtig über dieses Projekt zu informieren, um euch näher zu bringen, wie viel man dazu lernen kann.

 
 

In der Presse:

Garten-Tipps von W.I.M:

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